Veröffentlichungen

Rebellisches Berlin Expeditionen in die untergründige Stadt, Gruppe Panther und Co.(HG.), Berlin 2021, bei AssoziationA (www.assoziation-a.de)

Dieses Buch stellt eine in dieser Form einzigartige Mischung aus Reiseführer und Geschichtsbuch dar und ist als Standardwerk der linken widerständigen Stadtgeschichte Berlins zu lesen.

“Rebellisches Berlin“ beschreibt die Berliner Stadtgeschichte von unten: die Kämpfe und Rebellionen. Das Buch schlägt einen weiten historischen wie thematischen Bogen, in dem die enorme Bandbreite der Widerstandsgeschichte dieser Stadt sichtbar wird. Dabei fördern die über 60 Autor*innen des Buches eine erstaunliche Vielfalt an individuellen und kollektiven Kämpfen zutage und lassen sie anhand konkreter Orte im Stadtbild sichtbar werden.

Zu meiner Stadtwanderung lesen Sie: Auf den Spuren des streitbaren Mittelalters, Seite 820 ff.

Agit 883 Bewegung, Revolte, Underground in Westberlin 1969–1972

Viele haben von ihr gehört, aber die wenigsten haben sie in der Hand gehalten:

Die Berliner Zeitung Agit 883. Als Medium der Gegenöffentlichkeit strahlte sie in den Jahren 1969 bis 1972 weit in die Bundesrepublik aus. Agit 883 war das auflagenstärkste Organ des parteiunabhängigen Linksradikalismus jener Tage.

Mit einem Artikel von Thomas-Dietrich Lehmann:
„Erscheint donnerstags mit Kleinanzeigen“. Auf den Spuren einer linken Infrastruktur
Den Artikel als PDF lesen.

296 Seiten | Beigelegte CD mit sämtlichen Ausgaben der Agit 883 | erschienen Oktober 2006

Veröffentlichungen als Autor in bzw. Mitherausgeber von

  • Arbeiterpfarrer in der DDR, Berlin 2003, ISBN 3-88425-081-7(AlektorVerlag)
  • Hoch die Kampf dem. 20 Jahre Plakate autonomer Bewegungen, Berlin 1999,
    ISBN 3-922611-73-7 (Libertäre Assoziation/Schwarze Risse)
  • Das Kommunebuch, Göttingen 2.Aufl.1998 ISBN 3-89533-162-7(Werkstatt Verlag)
  • Arbeiterpfarrer. Perspektiven des Pfarrberufes angesichts einer Volkskirche als Auslaufmodell, Berlin 1996, ISBN 3-88425-063-9(Alektor Verlag)
  • Kirche, die aus der Reihe tanzt? Spurensichernde Gespräche über Kirchenreform 1960-1990, Berlin 1992, ISBN 3-88425-053-1(Alektor Verlag)
  • Sanierung und Gesellschaftsbau. Schriftenreihe Wedding Band 4, Berlin 1992, ISBN3-926535-44-X (Verlag der Buchhandlung Mackensen)
  • Und niemandem untertan. Festschrift zum 70. Geburtstag von Heinrich Albertz, Reinbeck 1985, ISBN 3-499-15536-2 (Rowohlt Verlag)
  • Redakteur und Autor in „Contraste. Monatszeitschrift für Selbstorganisation“, Heidelberg 1985ff.

Auf den Spuren der 68er (PDF)
Ein Gedenken an Rudi Dutschke am Tag seines Attentates vor 40 Jahren.
Donaukurier vom 11.04.2008

Reise in die Vergangenheit (PDF)
Am 11. April 1968 wurde Rudi Dutschke niedergeschossen. Erinnerungen im Taxi.
Ruhr Nachrichten vom 11.04.2008

Lasst das revolutionäre Layout sprechen! (PDF)
Die Entstehung des Anzeigenblatts „Agit883“.
taz kultur vom 4.12.2006

Erscheint Donnerstags mit Kleinanzeigen (PDF)
Auf den Spuren einer linken Infrastruktur
Aus dem Buch „Agit 883“, Verlag Assoziation A, ISBN 3-935936-53-2

Mit dem Taxi zu Rudi Dutschke
taz Berlin lokal Nr. 7945 vom 11.4.2006

Mit dem Taxi auf dem Mauerstreifen (PDF)
Infotour entlang des ehemaligen Berliner Betonwalls
Märkische Oderzeitung vom 7./8. 05.2005

Wo stand die Mauer? (PDF)
Thomas Dietrich Lehmann lädt zu „Taxi-Wall-Fahrt“ ein.
Die Kirche vom 21.11.2004

Mit dem Taxi zu Rudi Dutschke

Thomas-Dietrich Lehmann bietet eine Tour durch Berlin auf den Spuren des Studentenführers an. Start und Ziel ist in der künftigen Rudi-Dutschke-Straße. Eine Testfahrt 38 Jahre nach dem Attentat
VON CHRISTOPH VILLINGER

Auf dem Tag genau vor 38 Jahren, am 11. April 1968, nähert sich gegen Mittag ein junger Mann mit einem Revolver in der Tasche am südlichen Kurfürstendamm einem jungen Familienvater. „Sind sie Rudi Dutschke?“, fragt Josef Bachmann. Als dieser bejaht, schießt Bachmann ihm drei Kugeln in den Kopf. Schwer verletzt liegt der Anführer der Studentenbewegung am Boden, nur dank rascher medizinischer Hilfe überlebt er. Bis er elf Jahre später doch noch den Spätfolgen des Attentats durch den rechtsextremen Hilfsarbeiter erliegt. Heute startet der Berliner Taxifahrer Thomas-Dietrich Lehmann mit seinen etwa dreistündigen Taxi-Stadtrundfahrten auf den Spuren des Studentenführers. Startpunkt: das taz-Café in der heutigen Kochstraße, bald Rudi-Dutschke-Straße.

Nach wenigen hundert Metern in Richtung Osten passiert man mit dem Taxi das Springer-Hochhaus. Lehmann, geborener Berliner, erzählt seinen Fahrgästen, wie es früher hier aussah. „Links das Springer-Hochhaus als Fanal gegen die DDR, dahinter die Mauer, und rechter Hand ein riesiger Parkplatz voller Auslieferungsfahrzeuge.“ Blick zurück auf Springer An dieser Stelle entlud sich am Abend jenes Gründonnerstags die Wut von etwa 5.000 Demonstranten, berichtet Lehmann. Für sie sei klar gewesen: „In Wahrheit hatte der Verleger Axel Springer mit seiner /Bild/-Zeitung geschossen.“ Mehrere Lieferfahrzeuge brennen in dieser Nacht, Dutzende werden demoliert. Inzwischen ist der Kampf gegen das Pressemonopol des Springer-Konzerns ebenso wie der kaum noch sichtbare Verlauf der Mauer weitgehend ein Konflikt von gestern.

Der 50-jährige Taxifahrer Lehmann ist ein Fan jüngerer Geschichte. Seit Jahren bietet er erfolgreich noch eine weitere Taxi-Tour an: In Zusammenarbeit mit der Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße fährt Lehmann zwei Stunden lang den Verlauf der Grenzanlagen in der Innenstadt ab. Das Taxi ermöglicht – im Unterschied etwa zu Stadtspaziergängen -, mit einer kleinen Gruppe von interessierten Zuhörern in kurzer Zeit viele Orte anzufahren. Dazwischen bleibt beim Halt an roten Ampeln immer wieder Zeit, um über das Gesehene zu sprechen und zu diskutieren. Mit diesem Konzept folgt Lehmann nun den Spuren Dutschkes. „Sicher kann man Geschichte nicht auf eine Person projizieren“, sagt der studierte evangelische Theologe, „aber Epochen macht man eben am besten anhand von Biografien verständlich.“

So kurven die vier Fahrgäste und ihr Fahrer mit dem Taxi durch die engen Straßen der Ostberliner Innenstadt zur Humboldt-Uni. Hier lehrte der Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel, ohne den man weder das Denken von Karl Marx noch von Rudi Dutschke verstehen kann. Kurz darauf geht es am Dorotheenstädtischen Friedhof vorbei, auf dem Herbert Marcuse begraben liegt. Mit seiner Randgruppentheorie ist der seit den 30er-Jahren im US-amerikanischen Exil lebende neomarxistische Soziologe einer der wichtigsten Vordenker der Studentenbewegung von 1968. Gleich um die Ecke liegt die Chausseestraße 131.

Hier wohnte der bis zu seinem Rauswurf aus der DDR 1976 mit einem Auftrittsverbot belegte Liedermacher und Freund Dutschkes, Wolf Biermann. Begleitet von kurzen Ausführungen zu Dutschkes Denken zum Verhältnis von „Reform und Revolution“ passiert das Taxi die Bundeszentrale der Grünen am Platz am Neuen Tor, den Moabiter Knast und das dortige Gerichtsgebäude, um schließlich am Audimax der Technischen Universität (TU) zu landen. Hier fand im Februar 1968 der legendäre Vietnam-Kongress statt, aber auch 1978 der Tunix-Kongress, in dessen Folge unter anderem die taz entstand. Doch Lehmann interessiert jetzt mehr der Steinplatz, auf dem früher die Kiffer und „Gammler“ auf dem Rasen ihre Joints rauchten.

Im nahe gelegenen Café am Steinplatz lernte Dutschke 1964 die US-Amerikanerin Gretchen Klotz, seine spätere Ehefrau, kennen. Drei Kinder ziehen die beiden im Lauf der Jahre groß. Vorbei an der Kommune 1 „Keine Sperrzeiten, kein Sperrbezirk und keine Wehrpflicht“, so fasst Lehmann die damalige Attraktivität Westberlins zusammen. Am Stuttgarter Platz befand sich gleich über einem Puff in einer großen bürgerlichen Wohnung die legendäre „Kommune I“. Viel wurde über Emanzipation und freie Liebe diskutiert – „doch es war keine Frage, wer geputzt und gekocht hat“, so Lehmann. Bei diesem Thema werden Lehmanns Ausführungen über die 68er sehr reflektiert.

An anderen Stellen kann er seine Begeisterung für Dutschke und dessen Zeit kaum bremsen. Nach einem Schlenker an der Deutschen Oper vorbei – hier erschoss am 2. Juni 1967 ein Polizeibeamter Benno Ohnesorg, der gegen den Besuch des Schahs von Persien demonstrierte – führt die Tour nun nach Dahlem, zur Freien Universität (FU). An der studierte Dutschke und an deren Otto-Suhr-Institut (OSI) präsentierte er 1974 seine Doktorarbeit mit dem Versuch, „Lenin auf die Füße zu stellen“.

Wenige Jahre zuvor, 1967, versteckte sich der südlich von Berlin in Luckenwalde aufgewachsene Studentenführer mit seiner Familie nicht weit vom OSI während der Pogrom-Stimmung „gegen die Langhaarigen“ bei seinem Freund, dem Theologen Helmut Gollwitzer. Und ebenfalls nicht weit vom FU-Campus entfernt liegt er auf dem Friedhof der St.-Annen-Gemeinde begraben. Auf der Rückfahrt nach Kreuzberg erzählt Lehmann, der Anfang der 80er-Jahre in der Hausbesetzerbewegung aktiv war, noch kurz über die „Nebenwirkungen von 1968“, zum Beispiel das von Arbeiter-Jugendlichen Anfang der 70er-Jahre besetzte Tommy-Weisbecker-Haus oder den von der Alternativbewegung 1980 gekauften Mehringhof.

Schließlich endet die Tour nach drei Stunden wieder vor dem Redaktionsgebäude der taz, dem Rudi-Dutschke-Haus.

Kontakt: www.taxi-wall-fahrten.de oder Telefon: (01 60) 95 32 80 52 taz Berlin lokal Nr. 7945 vom 11.4.2006, Seite 24, 197 TAZ-Bericht CHRISTOPH VILLINGER